Gedanken an die alten Zeiten in Wilhelmsburg


Von Wolfgang Suck


Geboren im Jerusalem Krankenhaus Moorkamp in Eimsbüttel, dann Wohnhaft am Reiherstieg im Kinderwagen. Das Gebäude am Deich steht nicht mehr.
Nach Umzug in die Weimarer Str. 37, in die Dachwohnung, zusammen mit der Oma, die Mutter meiner Mutter, wuchs ich hier behütet auf. Mit Blick aus dem Fenster in Sichtweite immer der alte Flakbunker!
Gut behütet wurde ich älter und einige Erinnerungen blieben!
Vater arbeitete im Hafen als Tallyman und war viel auf Schicht. 1te, 2te, 3te und sonntags auch mal 4te. war keine Seltenheit.
Mutter war Schirmnäherin bei „Schirm Eggers“ in der Mönckebergstraße.

Vater fuhr in den 50er einen NSU Lambretta Motorroller, mit diesem ging es oft zum Fußball und zur Verwandtschaft ua. nach Farmsen, wo die Eltern vom Vater in einem Behelfsheim in einer Kleingartensiedlung, nach der Ausbombung in Rothenburgsort, untergekommen sind.
Vater liebte seine Schellakplattensammlung und den Fußball! Er spielte bei Viktoria Wilhelmsburg in der Ersten und war nach der Arbeit oft beim Skatspielen im Clubhaus und häufig besoffen abholbereit. Mutters war oft auf 180!!
Mein Spielplatz war der Innenhof zwischen Weimarerstr.37 und Veringstr. mit großer Sandkiste, viel Grün und im Hintergrund die riesige Rückwand vom Kino „Filmburg“.

Ich auf dem Dreirad.

Mit 3 bekam ich eine Märklin Eisenbahn zu Weihnachten.

 

Mit 5 den ersten Stabilbaukasten von Märklin.

Weitere technische Spielzeuge beeinflussten mein Leben!

Stark in Erinnerung blieben die Waschtage in der Waschküche im Keller!

Mit eingeheiztem Kupferkessel und der Trockenmangel

Ich musste noch Kohlen schleppen denn es wurde in den Wohnungen noch mit Ofen geheizt.

1954 zur Fußballweltmeisterschaft gab es den ersten Fernseher von Philipps.

Unser erstes Auto war ein Ford 12 M mit Weltkugel und Urlaubsreisen in den Süden.

Dann ging es in den „Ernst des Lebens“! Einschulung in die Grundschule
Rotenhäuser Damm!

Lehrer Kröger und Herr Ahrens versuchten den Lehrplan zu vermitteln!
Nachsitzen wegen Vorlaut sein war Pflicht.

Draußen Spielen, z B. Roller mit Ballonreifen fahren, es
Es gibt den Roller noch!
Sandkiste mit Wikingautos, Murmeln, Kibbel-Kabbel, verstecken, und vieles mehr.

Schwimmen lernen im Freibad Assmann Kanal an der Zeidlerstr.

Und mit der Bahn in die Schwimmhalle Harburg mit der ganzen Klasse.

Herbstzeit war Drachenzeit! Mit Mutters die ersten Eigenbauten erstellt und ab zum Bunkerplatz. Faszinierend waren die großen Drachen von Herrn Engel !
Die Roloplan Eigenbauten waren so groß das sogar rollende Geräte auf der Leine liefen.


Dann das erste große Fahrrad, gekauft bei Brinkmann in der Spitalerstr.
Und später die Nachrüstung einer 3 Gangschaltung von Fichtel&Sachs!
Man war der größte!
Das leidige Thema „Straßenbahnschienen“ ging auch an mir nicht vorbei!
Beim Abbiegen in den Veringweg bin in die Schiene geraten und mit einer 8 im Vorderrad war`s dann erst mal mit Radfahren. ----------------
Sonntagsmittag gab es oft eine Mark oder auch mehr, dann durfte ich ins Kino!
Um 13:00 war die Mittagsvorstellung mit Zorro /Fuzzy oder anderen Jugendfilmen.


Einmal im Jahr gab es am Bunker den Jahrmarkt!
Mit dem Rad und meinen Cousins vom Vogelhüttendeich viel in Wilhelmsburg erkundet.
Oft waren wir auf dem Müllberg am Niedergeorgswerder Deich auf Technik suche.

       
Telefonhörer, Kopfhörer aus Kriegszeit und div. andere Bauteile wurden gesammelt.
Elektrotechnik war zu der Zeit schon interessant. Der erste funktionierende Bau war ein Detektor zum Radio-Empfang mit Germanium Diode, Drehko und Kopfhörern. wurde
Das Ding war so laut, das Mutters oft die Antenne rauszog!


Viele alte technische Geräte wurden aus Wissensdurst zerlegt. Heute trauert man den alten Sachen nach!
Basteln und Erforschen war ab 10 Jahren ein muss, man lernte fürs Leben.

Häufig bei Onkel und Tanten in den Gärten oder Ländereien aufgetaucht!
Onkel Willi = Omas Bruder, hatte eine kleine Landwirtschaft am Niedergeorgswerder Deich und versorgte am Stübensplatz die Bevölkerung mit Obst und Gemüse.


Ein „Tempo Dreirad“ war sein Transporter.
An Markttagen warteten wir schon auf den Onkel um beim Aufbau zu helfen.

So machen Tag besuchten wir meinen Vater im Hafen am Schuppen oder auf Schiffen die er als Ladungskontrolleur (Tallyman) abwickelte.
Manchmal konnten wir was abstauben! Mit einigen Zöllnern war dann nicht gut Kirschen essen, denn Ware rauszubringen war ja verboten und wenn es nur ein paar Bananen oder Nüsse in Probensäcke waren.

Wir radelten zu anderen Zollübergängen und gelangten dann in die Freiheit!

1961 war es dann vorbei mit den kurzen Wegen zur Verwandtschaft und die gemeinsamen
Aktivitäten mit meinen Cousins!! Wir zogen nach Harburg-Heimfeld in den Milchgrund.
Oma verblieb in der Veringstr. und somit in ihrem Umfeld.
Eine neue Schule und eine neue Welt.
5min zu Fuß bis in die Haake und neue Spielmöglichkeit im Wald, mit Rodeln im Winter und Radfahren. In den Bombentrichtern hatten wir unsere Radrennstrecke!

Februar 1962! Das grausige Wetter tobte seit Tagen und die Schule fiel aus, da hier, wegen Hochwasser, Menschen untergebracht waren.
Ranzen über den Balkon gewuchtet und 200m bis zur Staderstraße geflitzt.
Das Wasser stand bis an die Bahnschienen nach Stade/Cuxhaven. In den tiefliegenden Kleingärten war ein wüstes durcheinander.
Vater war auf Schicht im Freihafen und kam 3 Tage nicht nach Hause!
Nach seiner Rückkehr wurde die Versorgung für die Familie vorbereitet.


Essen und Getränke eingekauft, der Ford 17m
wurde beladen und es ging nach Wilhelmsburg.


Als Kind konnte man das Ausmaß zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfassen,
erst mit zunehmenden Alter verstand man die Tragödie!

Ab 1964 war die Zeit, wo ich täglich den Weg von Harburg nach Wilhelmsburg mit dem Rad machen musste. Es begann die Lehre zum Elektroinstallateur bei Elektro Werner Mittendorf in der Veringstr.
Zu der Zeit gab es hier noch einen großen Elektroladen mit Verkauf von Lampen, Elektrogeräten und anderen Haushaltszubehör.

Das Bild zeigt die Straßenbahn direkt vorm Laden!
Zu manchen Einsätzen benutzten wir auch die Linie 2 (11) Denn es gab noch die gute alte Straßenbahn!


Ab 1966 besaß ich dann den grauen Lappen für die Klasse 3 und das erste Auto!


Einen alten FIAT 500 .
Der anstatt des Fahrrades nun täglich den Weg von Harburg nach Wilhelmsburg machen musste. Dank der Unterstützung von Oma konnte ich mir von 74 Mark Lehrlingsgehalt im 3ten Lehrjahr das leisten.
Man wurde älter und viele Ereignisse im Leben prägten mich ohne anzuecken!
Bundeswehr, Heirat, Hausbau in Segeberg , Kinder und 37 Jahre Kundendienst in Hamburg!
Fachgebiet Kühlen und Heizen.

Jetzt mit 70 Jahren und ein bevorstehendes Klassentreffen sind meine Gedanken mit Hilfe vom Internet, besonders die Seite von „alt Wilhelmsburg“ und der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg aufs Papier gekommen!
Es kommt immer mehr ins Gedächtnis zurück, würde aber den Rahmen sprengen!

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